Interreg Österreich-Bayern 2014-2020

Wie ist die Rechtslage in Bezug auf die Verarbeitung der Schafwolle zu Düngepellets in Deutschland?

Überblick 

  • Potenzial der Grenzregion: Die österreichisch-deutsche Grenzregion hat großes Potenzial für die Herstellung von Düngemitteln aus Schafwolle, die nicht für hochwertige Produkte geeignet ist. Rechtliche Hindernisse erschweren jedoch die grenzüberschreitende Nutzung und den Handel.

  • Hindernisse durch EU-Verordnungen: Komplexe und unklare EU-Verordnungen machen den grenzüberschreitenden Handel mit Schafwolle als Düngemittel unrentabel und kompliziert.

  • Verarbeitungsvorschriften und Kosten: Schafwolle muss bestimmte Verarbeitungsschritte durchlaufen, um sicher zu sein, was die Herstellung von Pellets unrentabel macht. Die hohen Transportkosten erschweren zusätzlich die Nutzung von Pressen in Nachbarregionen.

  • Unklarheiten bei der Verwendung von Rohwolle: Es gibt keine klaren Bestimmungen zur Verwendung von unverarbeiteter Wolle als Düngemittel, aber sie muss als ungefährlich eingestuft werden, was zusätzliche Hygienemaßnahmen und tierärztliche Bestätigungen erfordert.

  • Lösungsansätze und Rechtslage: Lösungen konzentrieren sich darauf, die komplexen rechtlichen Anforderungen transparenter zu machen. Die EU-Verordnungen gelten einheitlich in Deutschland und Österreich, und abweichende nationale Regelungen sind nicht zulässig. Der grenzüberschreitende Austausch von Schafwolle ist unter Einhaltung der Transportvorgaben weiterhin möglich.

Potenzial der Grenzregion 

Die österreichisch-deutsche Grenzregion verfügt über ein erhebliches Potenzial für die Herstellung hochwertiger Düngemittel aus tierischen Nebenprodukten wie Schafwolle. In der Grenzregion fallen mehrere Tonnen Schafwolle an, die zwar nicht den Qualitätsstandards für Produkte wie Kleidung, Spielzeug und Teppiche entsprechen, aber als natürlicher Dünger für Gartenbau- und Landwirtschaftsbetriebe verwendet werden könnten. Komplexe Vorschriften zur Sterilisation und zur Entsorgung organischer Abfälle erschweren jedoch die grenzüberschreitende Herstellung von und den Handel mit aus Tieren gewonnenen Düngemitteln wie Schafwollpellets oder Rohdünger aus Schafwolle. Die Beseitigung dieser rechtlichen Engpässe könnte die Kreislaufwirtschaft im Grenzgebiet fördern.

Hindernisse

Das Haupthindernis ist, dass die einschlägigen EU-Verordnungen über die Verwendung und Verarbeitung von Schafwolle komplex und unklar sind, was den grenzüberschreitenden Handel zwischen Deutschland und Österreich unrentabel macht. Dies wiederum hat zu Komplikationen für die Schafwollzüchter geführt, die versuchen, die Tonnen an Wolle, die nicht für hochwertige Produkte geeignet sind, zu recyceln und als Dünger über die Grenze zu verkaufen.

Unklare Verarbeitungsvorschriften

Schafwolle kann gemäß den EU-Vorgaben zu Düngepellets verarbeitet werden. Die Wolle muss aber, unabhängig davon, ob sie roh oder in Form von Pellets verwendet wird, bestimmte Verarbeitungsschritte durchlaufen, wie z. B. das Waschen bei hohen Temperaturen, um sicherzustellen, dass sie frei von Krankheitserregern und Bakterien ist. Weder Deutschland noch Österreich haben abweichende nationale Rechtsvorschriften erlassen, so dass die EU-Vorschriften in beiden Ländern anwendbar sind. Obwohl diese Beschränkungen den freien Warenverkehr zwischen Deutschland und Österreich einschränken, der ansonsten durch Artikel 34 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union gewährleistet ist, sind sie letztlich gerechtfertigt, weil sie für den Schutz der menschlichen Gesundheit im Sinne von Artikel 36 des Vertrags erforderlich sind.

Die hohen Kosten für die Verarbeitung von Schafwolle machen die Pelletpressen für Schafwolle unrentabel. Schafwolle wird zu Pellets verarbeitet, um die Wirksamkeit der Düngewirkung der Wolle zu erhöhen. Wegen der hohen Transportkosten wäre für Schafhalter aus dem süddeutschen Landkreis Garmisch-Partenkirchen, die keinen nahen Zugang zu einer Presse in Deutschland haben, die Nutzung einer Presse im benachbarten Tirol in Österreich theoretisch die kostengünstigste Option.

Es besteht also Unklarheit über die Verwendung von unverarbeiteter Wolle als Düngemittel. Alternativ zur Verwendung von verarbeiteter Schafwolle in Pelletform als Düngemittel kann Schafwolle auch roh zu diesem Zweck verwendet werden. Weder die Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 noch die Verordnung (EU) Nr. 142/2011 der Kommission enthalten ausdrückliche Bestimmungen über die Verwendung von unverarbeiteter Wolle, aber es lässt sich ableiten, dass sie „ungefährlich“ sein muss. Dies setzt voraus, dass die Wolle bestimmten Hygienemaßnahmen unterzogen wird, und ein Tierarzt muss in jedem Einzelfall feststellen, ob die unbehandelte Wolle als ungefährlich angesehen werden kann. Auch für die Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr von unbehandelter Wolle gibt es besondere Bestimmungen.

Lösungsansätze

Da die beiden EU-Verordnungen für Deutschland und Österreich verbindlich sind und es keine abweichenden nationalen oder föderalen Gesetze gibt, konzentrieren sich die Lösungen darauf, wie die komplexen rechtlichen Anforderungen für Schafhalter und Düngemittelhersteller in der Grenzregion transparenter gemacht werden können. In dem Projekt wurden u.a. folgende Fragen beantwortet:

Frage 1: Wie ist die Rechtslage in Bezug auf die Verarbeitung der Schafwolle zu Düngepellets in Deutschland? Entsprechen die Vorgaben bzw. Anforderungen des für den Landkreis Garmisch-Partenkirchen zuständigen Veterinäramtes tatsächlich der geltenden Rechtslage?
Schafwolle kann unter Einhaltung der Vorgaben der EU zu Düngepellets verarbeitet werden. Deutschland hat keine von den europäischen Vorgaben abweichende Regelungen geschaffen.

  • Die deutschen Veterinärämter sind nicht befugt, eigenständige abweichende Regelungen zu treffen, so dass die Vorgaben des Veterinäramtes des Landkreises Garmisch-Partenkirchen – wenn diese den EU-Vorgaben entsprechen (wovon im Moment mangels näherer Informationen auszugehen ist) – mit der geltenden Rechtslage übereinstimmen.

Frage 2: Welche Anforderungen müssen in den anderen Regionen erfüllt werden, in denen in Deutschland bereits derartige Pelletpressen betrieben werden? Wie erfüllen die Betreiber diese Vorgaben, so dass es für sie wirtschaftlich rentabel ist? Gibt es in diesen Regionen bezüglich der Sterilisation möglicherweise (andere) Vereinbarungen mit den Veterinärämtern?

  • Auch in anderen Regionen Deutschlands müssen sich die Pelletpressenbetreiber an die geschilderten Vorgaben der EU halten. Davon abweichende Vereinbarungen mit den Veterinärämtern können nicht getroffen werden. Alle angefragten Pelletpressenbetreiber sind sich in ihren Antworten dahingehend einig, dass der Betrieb auf Grund dieser strengen Vorgaben wirtschaftlich nicht rentabel ist.

Frage 3: Welche Anforderungen stellen die Veterinärbehörden in Österreich – sind diese geringer, gleich hoch oder höher im Vergleich zu den Anforderungen in Deutschland?

  • Die Vorgaben der österreichischen Veterinärämter sind öffentlich nicht einsehbar. Auch hier sind mangels Abweichung durch österreichisches Recht jedoch dieselben Vorgaben der EU zu wahren. Ein österreichischer Pelletpressenbetreiber hat die Vergleichbarkeit der „strengen Linie“ der Gesetze und Vorgaben der Veterinärämter in Deutschland und Österreich bestätigt.

Frage 4: Wie ist die Rechtslage in Bezug auf den grenzüberschreitenden Austausch von biogenen Stoffen am Beispiel der Schafwolle und in Bezug auf den Im- bzw. Export des daraus hergestellten Düngemittels im bayerisch-österreichischen Grenzraum unter besonderer Berücksichtigung des europäischen Primär- (insbesondere der Grundfreiheiten) und ggf. des speziellen Sekundärrechts? Dabei ist auch auf die Frage einzugehen, ob der Verkauf von Pellets, die nicht den Sterilisierungsvorgaben des zuständigen deutschen Veterinäramtes entsprechen, zulässig ist und ob der freie Warenverkehr mit den Abfallwirtschaftsgesetzen in Konflikt steht.

  • Die europäischen Vorgaben zum Verkauf von Schafwolle als Düngemittel beschränken die Warenverkehrsfreiheit. Sie sind jedoch zum Schutz der Gesundheit gerechtfertigt. Ein grenzüberschreitender Austausch von Schafwolle ist ohnehin weiter möglich. Zu beachten sind dabei jedoch Vorgaben für den Transport der Wolle. Sie sind jedoch für alle gleich und daher im Ergebnis unionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.

Beratende Einrichtung

  • Prof. Dr. Urs Kramer (Jurist)
  • Tel.: +49(0)851/509-2390
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